Belletristik

Wie gefährlich ist die Sucht nach Selbstoptimierung?

Der Debütroman „Das Thing“ von Artur Dziuk aus dem dem Bold Verlag ist ein großartiger Roman, der überzeugt! Darin geht es um vier junge Visionäre, die in Berlin ein Start-Up gründen und zusammen eine App entwickeln: das sogenannte Ting, das körperbezogene Daten seiner Nutzer sammelt, auswertet und auf dieser Grundlage Handlungs- und Entscheidungsempfehlungen gibt. Die App wird ein voller Erfolg doch getrieben vom diesem, entwickelt Mitgründer Linus die Möglichkeiten immer weiter, sein eigenes Leben und das der User mithilfe des Ting zu optimieren mit verheerenden Folgen….

Geschichte

Der Einstieg in die Geschichte war sehr leicht, denn man war sogleich mitten im Geschehen, was wunderbar war. Der flüssige Schreibstil und die Auflockerung durch die Einschübe des Ting haben dazu beigetragen. 

Die Story wird aus vier verschiedenen Perspektiven erzählt und zwar aus denen der unterschiedlichen Gründer Linus, Adam, Kasper und Niu. Dies belebt die Geschichte und der Leser hat die Chance jeden Charakter hervorragend kennenzulernen. Die langen Kapitel unterstützen das. Durch die unterschiedlichen Empfehlungen des Ting sind die Figuren und deren Entwicklung besser vergleichbar. Hervorzuheben ist auch, dass sie keine glatten Charaktere sind. Sie alle haben ihre Ecken und Kanten und sind alle sehr unterschiedlich, was exzellent und realitätsnah ist sowie die Geschichte noch aufregender gestaltet.

Mein Favorit ist Linus, der mir gleich sympathisch war. Adam zum wiederum nicht. Seine arrogante, intrigante und egoistische Art macht ihn aber natürlich zum perfekten Gegenstück, was sehr interessant ist. 

Die Prä-Dystopie spricht die unterschiedlichsten Themen wie Selbstfindung, Selbstverwirklichung, Freundschaft, Familie, Raffgier, Selbstoptimierung und Perfektion an. So ist für jeden Geschmack etwas dabei. Geprägt von ständigen, überraschenden Wendungen, kann man das Buch kaum weglegen. 

Die Idee des Ting ist sehr spannend: Ein Gerät, welches Körper- und Umgebungsdaten auswertet und Handlungsempfehlungen gibt sowie die Abgabe von Verantwortung, aber besonders von Kontrolle. So haben die Empfehlungen des Ting auch Konsequenzen und rufen Fragen hervor. Was passiert mit einem, wenn man „fremdgesteuert“ ist, ist man dann noch fähig zwischen seiner eigenen Meinung und der gesteuerten zu entscheiden. Wo bleibt da die Individualität – der Mensch? Was macht das mit der Gesellschaft und könnte uns das auch passieren? Ein Buch, das wirklich zum Nachdenken anregt und aufgeklärt. In gewisser Weise warnt es vor einer Zukunft, die eintreten könnte. Ich hoffe, dass es nie passieren wird und das wir aus Literatur, wie dieser, lernen können.

Schreibstil 

Die Sprache und der Aufbau überzeugen und stechen besonders positiv heraus. Das Buch lässt sich leicht lesen und ist durch kurze und prägnante Ausdrücke geprägt, die effektvoll durch eine bildhafte, fast schon poetische Sprache begleitet werden. Hoch intelligent verfasst, ist dieses Werk fesselnd und die Seiten fliegen nur so dahin. Man wird immer weiter in die Geschehnisse hereingezogen und das Tempo nimmt von Seite zu Seite zu.

Fazit 

Ein grandioses Debüt voller Sprachgewalt und gesellschaftskritischer Ansätze. Dziuk legt den Finger in die Wunde und spricht hochaktuelle Themen an. Er zeigt auf, was geschieht, wenn Selbstoptimierung zum obersten Ziel wird, und gibt Einblicke in die Abgründe der menschlichen Natur.

Bibliographische Angaben:

Titel: Das Ting

Autorin: Artur Dziuk

Verlag: Bold, 16. September 2019 

Preis: 18,00 Euro

Seiten: 464 Seiten

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